Baugeschichte & Ausstattung

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Die ein paar hundert Meter vom Campo Santo Teutonico entfernt, hinter dem Palast der Glaubenskongregation gelegene Salvator-Kirche (San Salvatore de Ossibus) gehörte vielleicht ursprünglich zur karolingischen „Frankenschola“. Sie wurde im 15. Jahrhundert unter Papst Nikolaus V. und erneut im Jahr 1923 renoviert und ist heute Teil der von den Missionarinnen der Hl. Mutter Theresa von Kalkutta geführten „Casa del Dono di Maria“.

Darüber hinaus existierte eine Marienkirche, deren Reste – und zwar zwei von ursprünglich drei Apsiden – man heute noch im Foyer und in der Friedhofskapelle des Campo Santo Teutonico-Komplexes sehen kann. Bei ihr handelt es sich wohl um die im 15. Jh. dokumentierte „secunda ecclesia“, die eine Gruppe deutsch- und flämischstämmiger Mithelfer um Friedrich Frid aus Magdeburg wieder instand setzte.

Aus ihrer Initiative und ihrem Engagement – Sorge um Pilger, Fremde, Bedürftige deutscher Zunge, Gottesdienstpflege, Totenbestattung und –gedenken – erwuchs 1454 die Arme-Seelen-Bruderschaft. Diese war nach Übereignung des Grundstücks durch die Kanoniker von St. Peter und nach Beilegung von Streitigkeiten mit dem nahegelegenen Heilig-Geist-Spital (Ospedale Santo Spirito) bald so weit etabliert, dass sie zum Hl. Jahr 1475 den Bau der heutigen Kirche des Campo Santo Teutonico beschloss, der spätestens 1476 begonnen und um 1500 vollendet wurde. Die Kirche ist annähernd ein Zentralbau. Sie hat einen etwa quadratischen Grundriss und besitzt keine Kuppel. Vier Pfeiler mit Arkadenvorlagen teilen den Bau in neun kreuzgratgewölbte Joche und schreiben ihm ein griechisches Kreuz ein. Die vier Eckräume sind niedriger. Der Hauptapsis mit dem Altarraum im Süden liegt im Norden eine etwas kleinere Apsis gegenüber. Die beiden, den Chor flankierenden Eckräume sind durch Wände vom Altarraum getrennt und bilden so Kapellen. Die Form der Kirche findet in der italienischen und insbesondere in der römischen Architektur der Zeit keine Entsprechung und zeugt in ihrer stilistischen Eigenständigkeit von Selbstbewusstsein und Anspruch. Sicherlich ist der Bau in den Rahmen zweckorientierter Bauprojekte Papst Sixtus IV. (1471-1484) wie des nahegelegenen Heilig-Geist-Spitals zu stellen. Als Architekt wird Giovanni di Pietro dei Dolci vermutet, dem das Krankenhaus, aber auch der Bau der Sixtinischen Kapelle als weiterer päpstlicher Auftrag zugeschrieben wird.

 

Die Ausstattung der Kirche des Campo Santo Teutonico ist seit den unter Rektor Bernhard Hanssler (1970-1974) von 1972 bis 1974 erfolgten, radikalen Repristinierungs-Arbeiten schlicht. Entfernt wurden dabei der komplexe, unter Rektor Anton de Waal (1876-1917) 1871 bis 1873 von zweitrangigen Künstlern ausgeführte historistische Malereien-Zyklus (Figuren aus der karolingischen Gründungszeit, Heilige, denen Altäre und Kirchen der Nachbarschaft geweiht waren u.v.a.), der Hochaltar (1705/1876), vier weitere Altäre, die Glasfenster (1896, Stiftung des Wiener Kaiserhauses) und auch die Orgel (Stiftung Kaiser Wilhelms II.). Auch wurde der Kirchenboden abgesenkt, ehemalige Fußbodengrabplatten herausgenommen und ein Kellerraum ausgehoben. Des Weiteren ließ man nach vereinheitlichender Renovierung des Mauerwerks, die Pfeiler und Gurtbögen steinsichtig und verputzte lediglich die Wand- und Gewölbeflächen, was die Konstruktionslinien des Kirchenbaus prägnant betont, aber einer Neugestaltung entspricht, da die Pfeiler wie der gesamte Innenraum ursprünglich verputzt waren. Im heutigen Zustand erscheinen die wertvollen Ausstattungsstücke der Kirche als aus ihrer ursprünglichen Einbettung herausgenommene Fragmente.

Der Chorraum wird vom kostbaren, fünfteilige Altarretabel bestimmt. Die auf den Tafeln dargestellten Bildthemen spiegeln Grundverständnis und Anliegen der Bruderschaft und begleiten die Glaubensgemeinschaft des Campo Santo Teutonico seit fünf Jahrhunderten durch die Liturgie des Kirchenjahres: Im Zentrum steht die in tiefer Trauer über den toten, vom Kreuz abgenommenen Gottessohn gebeugte Mutter – die Pietà. Der gekreuzigte Leib Christi – zugleich Hinweis auf seinen eucharistischen Leib – wird dem Betrachter auf einem gespannten Leintuch gezeigt, ja geradezu dargeboten. Vor allem Klage und Schmerz des Todes werden vor Augen geführt. Das Patrozinium der Kirche ist das der Schmerzhaften Mutter Gottes – S. Maria della Pietà. Es wird durch die Bruderschaft am 15. September in einem festlichen Gottesdienst begangen. In den beiden Grabträgern – Josef von Arimathäa und Nikodemus – ist die dem Campo Santo Teutonico seit Anbeginn zentrale karitative Aufgabe der Totenbestattung und des Totengedenkens vergegenwärtigt.

In geschlossenem Zustand zeigte der Flügelaltar ursprünglich die „Anna Selbdritt“ und die „Begegnung an der Goldenen Pforte“ als Verweise auf die Unbefleckte Empfängnis Mariens als Hochfest und Patrozinium der Erzbruderschaft. Im geöffneten Zustand war die Beweinung des toten Christus zentral und in den Seitenflügeln die Apostelfürsten und Schutzpatrone Roms Petrus und Paulus dargestellt, deren Gräber Ziel jedes Rompilgers sind, dann Jakobus der Ältere, der Patron der Pilger, und Johannes der Täufer, der auf das Geschehen im Mittelbild zeigt. Gegenwärtig sind damit nicht nur Klage und Schmerz, sondern auch Gottes Heilsplan und damit die Hoffnung auf die Auferstehung und die Erlösung von Sünde und Tod durch den Opfertod des Gottessohnes.

Der oder die hochkarätigen Maler der Tafeln, die im Jahr 1500 hier aufgestellt wurde, sind leider nicht überliefert. Sie verschmelzen nordländische Einflüsse und italienische Kunstlandschaft auf harmonische Weise miteinander und spiegeln damit authentisch die deutschrömische Realität, aus der sie erwachsen sind. Ursprünglich war der Altar dreiteilig und die beiden Flügel auf beiden Seiten bemalt. 1705 wurden die seitlichen Tafeln auseinandergesägt. Die heutige starre Aufstellung der nunmehr fünf Tafeln geht auf das Jahr 1975 zurück.

„Es gehörte zu diesem Friedhof das Bild der mitleidenden Mutter, der mütterlichen Güte, die auch im Tod ein Licht des Trostes bleibt, deren Güte durch die Nacht des Todes hindurch spricht. Maria, die mitleidende Mutter, die den Sohn auf ihrem Schoß trägt, um ihn Gott zu übergeben, wird zum lebendigen Bild der Kirche, die uns gebiert und die uns durch die Nächte des Todes hindurch zum Herrn trägt.“ (Kard. J. Ratzinger, Predigt zur 550-Jahrfeier der Erzbruderschaft am 8. Dezember 2004)

Das Altarantependium ist eine um 800 datierte, ehemalige Schrankenplatte mit qualitätvollem Vierschlingennetzdekor, die durch ihre Größe und ihren guten Erhaltungszustand besticht. Hoch über dem Altar ist ein großer, Anfang des 16. Jh. datierter Kruzifix auf modernem Holzkreuz angebracht, bei dem nordischer Einfluss zum Tragen kommt. Jesus ist den Gläubigen als Sterbender mit halboffenen Augen gezeigt.

Den Eingang zum Chorraum flankieren und dominieren zwei große, barocke Grabmäler aus kostbarem, verschiedenfarbigem Marmor. Es ist jeweils der Tod als Knochenmann vor dunklem, als drapiertem Tuch gestaltetem Stein gezeigt, der ein Porträt des Verstorbenen trägt und von trauernden Putten begleitet ist. Das Grabmonument linkerhand wurde 1679 für den Bildhauer Laurentius Rues (+ 1690) aus Tirol von dessen Schüler Giovanni Battista Gorgi geschaffen, das Grabmal rechterhand für den Prälaten Georg Meisel (+ 1710) aus Bamberg, Kammerherrn und Vertrauten Papst Alexanders VII. In beiden findet sich die Darstellung des Stundenglases als Mahnung, die irdische Zeit gut zu nützen, beiden ist der Spannungsbogen zwischen materieller Üppigkeit und ‚Memento Mori‘ eigen. Die zugehörigen, ursprünglich den Kirchenboden bildenden Grabplatten finden sich zusammen mit anderen ringsum in die Kirchenwände eingelassen. Nennenswert ist zudem das Epitaph des Maler Jacobus de Hase (+ 1634) – eine Inschriftenplatte mit darüber sitzendem trauernden Putto, der vom Bernini-Schüler Francois Duquesnoy gestaltet wurde. Es befindet sich am rechten freistehenden Pfeiler.

Die Schweizerkapelle links vom Chorraum war ab 1517 Gottesdienstraum der Schweizergarde und Grablege der Hauptleute (Bodenplatten). Der Sakramentsaltar entstand Mitte des 18. Jh.: zwei Säulen aus nero antico rahmen das von Theodor Wilhelm Achtermann im Jahr 1878 ausgeführte große Marmorrelief mit der Darstellung der Auferstehung Christi. Über dem Altar ist der Auferstandene gemalt. Die linke Seit der Kapelle schmückt ein von Polidoro da Caravaggio um 1522/23 geschaffener Freskenzyklus mit Darstellungen aus der Passion Chisti: Abendmahl, Christus am Ölberg, Christus vor Pilatus, Geißelung, Kreuzigung, Dornenkrönung, Kreuztragung, Beweinung, Auferstehung. Den Auftrag gab der Gardehauptmann Kaspar Röist aus Zürich, der 1527 beim Sacco di Roma ums Leben kam. Ab 1780 schuf Liborio Marmorelli einen Freskenzyklus mit Szenen aus der Josephsgeschichte in adäquatem Dekorationsschema: Joseph wird verkauft, Josephs Brüder mit dem blutigen Rock, Joseph wird in den Brunnen geworfen, Joseph deutet die Träume der Mitgefangenen, Joseph vor dem Pharao, Joseph wird Herr über Ägypten. Darüber befindet sich ein Fragment mit der Marienkrönung durch die Dreifaltigkeit.

Die Kapelle rechts vom Chorraum schmückt ein großformatiges Weihnachtsbild, das wohl in der zweiten Hälfte des 19. Jh. von der Hand eines Spätnazareners geschaffen wurde. Am linken freistehenden Kirchenpfeiler ist eine marmorne Ablasstafel (vgl. Foto) vom Anfang des 18. Jh. angebracht: ein Putto breitet ein Tuch vor sich aus, auf dem alle dem Campo Santo Teutonico gewährten Ablässe aufgelistet sind. Die Rückapsis schmückt die 1895 von Rodolfo Zaccagnini geschaffene, freistehende Skulptur des Christus an der Geißelsäule. Über dem Eingang zur Sakristei ist eine bemerkenswerte, wohl von einem süddeutschen Künstler vom  Anfang des 15. Jh. stammende Kreuzigungsdarstellung angebracht.

Das große Bronzeportal, durch das man vom Friedhof her die Kirche betritt, schuf Elmar Hillebrand und wurde 1957 vom Bundespräsidenten Theodor Heuss gestiftet. Zentrale Darstellungen sind Maria mit Kind auf dem linken und der Auferstandene auf dem rechten Türflügel. Den Türknauf schmückt das stilisierte Monogramm Karls des Großen. Der Auftrag steht in Zusammenhang mit den Ausschreibungen für die vier modernen Eingangsportale des Petersdoms im Jahr 1947.

Informationen zur Kirche des Campo Santo Teutonico, zu ihrer Baugeschichte und zu allen Kunstwerken, finden Sie in: Tönnesmann, Andreas/Fischer Pace, Ursula V.: Santa Maria della Pietà. Die Kirche des Campo Santo Teutonico in Rom. Herder: Rom/ Freiburg/ Wien, 1989, RQ 43. Supplement-Heft (Römische Quartalschrift für Christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte), Bd. 2, ISBN 978-3-451-20882-9.

 

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